Rechtsanwalt Georg Pothmann gab spannende Einblicke in den Alltag eines Anwalts für Arbeits- und Verkehrsrecht.

Beim letzten Business-Breakfast von fair-dienen brachte Georg Pothmann Fälle aus dem echten Leben mit – aus seinem Berufsalltag als Anwalt. Situationen, die jedem von uns passieren könnten. Hier sind einige seiner spannenden Beispiele und wichtige Tipps für Unternehmer und Arbeitnehmer.

Fall 1: Fehler an der Tankstelle – Wer zahlt den Schaden?

Eine geringfügig beschäftigte Mitarbeiterin machte einen Fehler und verursachte einen Schaden. Der Chef forderte daraufhin 600 Euro von ihr – sie zahlte. Erst ein halbes Jahr später wandte sie sich an einen Anwalt, um das Geld zurückzufordern.

Hat sie Anspruch darauf? Grundsätzlich gilt: Nicht jeder Arbeitnehmer ist automatisch für von ihm verursachte Schäden haftbar. Im Arbeitsrecht gibt es den innerbetrieblichen Schadensausgleich. Dieser schützt Arbeitnehmer, solange sie nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich handeln. In manchen Fällen wird der Schaden geteilt. In diesem Fall lag einfache Fahrlässigkeit vor, so daß die Mitarbeiterin nicht zur Kasse gebeten werden durfte. Zudem dürfen bei geringfügig Beschäftigten keine Lohnabzüge bzw. Verrechnungen mit Schadenersatzansprüchen erfolgen, da dies einer Lohnpfändung gleichkäme – was verboten ist.

Tipp für Unternehmer und Arbeitnehmer:

  • Achtung bei Schadensersatzforderungen! Prüfen, ob einfache oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt.
  • Arbeitsverträge checken! Die sogenannte 3-Monats-Klausel besagt, dass Ansprüche innerhalb von drei Monaten geltend gemacht werden müssen.
  • Aber: Schriftverkehr beachten! In der Klausel ist die„Schriftform“ passe – jetzt muss es „Textform“ heißen (E-Mail, SMS, etc.), sonst ist die Klausel unwirksam und es gibt folglich keine Klausel.

Fall 2: Pflegekraft und die unerwartete Forderung

Ein Arbeitnehmer im Pflegebereich verhandelte mit der Stadt über den Betreuungsbedarf für ein
Kind – und legte 8 Stunden fest. Doch tatsächlich war eine 24-Stunden-Betreuung notwendig, und
der Arbeitnehmer führte auch die Betreuung so durch. Zwei Jahre später forderte er deshalb vom
Arbeitgeber eine Gehaltsnachzahlung iHv: 66.000 Euro brutto.
Ein Fall mit weitreichenden Konsequenzen-und ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig es ist, sich
über vertragliche Verpflichtungen und Ausschlussklauseln im Klaren zu sein.

Fall 3: Krankheit nach Betriebsurlaub – Wer trägt das Risiko?

Ein Mitarbeiter eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs fing einen neuen Job an und startete mit 2 Wochen Urlaub wegen bereits vorher geplanter Betriebsferien. Er ging nach zwei Wochen Betriebsferien/Urlaub zur Arbeit, wurde dann aber nach dreiWochen krank- für ganze fünf Wochen. Danach kündigte er den Vertrag. Der Arbeitgeber zog ihm daraufhin den bereits genommenen Urlaub von seinem Konto ab.

Aber: Das geht nicht! Wenn der Arbeitgeber Urlaub gewährt, trägt er das Beschäftigungsrisiko. Eine spätere Anrechnung ist nicht rechtens.

Fall 4: Unfallflucht – Ohne es zu merken?

Eine Frau kreuzt einen Bürgersteig und hört sein Geräusch an der Felge. Direkt darauf sieht sie ein Kind mit einem Roller auf dem Boden liegen. Das Kind sagt, es sei alles in Ordnung, es sei nichts passiert, es sei lediglich gestürzt – also fährt die Frau weiter. Zwei Stunden später steht die Polizei vor ihrer Tür. Anklage: fahrlässige Körperverletzung und Unfallflucht.

Aber war das wirklich Unfallflucht? Ja! Denn bei einem Unfall mit einer möglichen verletzten Person gilt:
Immer die Polizei rufen – selbst wenn die Beteiligten sagen, es sei alles in Ordnung! Oder sich
zumindest zu erkennen geben, insbesondere anderen die Personalien mitteilen!

Fazit: Rechtliche Stolperfallen vermeiden!

Georg Pothmann zeigte mit seinen Fällen, wie schnell man im Berufs- oder Privatleben in rechtliche Probleme geraten kann. Sein wichtigster Rat:

  • Arbeitsverträge und Haftungsregelungen genau prüfen!
  •  Rechtskonforme Kommunikation: Textform statt Schriftform!
  • Im Zweifel immer anwaltlichen Rat einholen – besonders bei Schadensersatz- oder Haftungsfragen!
  • Im Straßenverkehr sich nicht auf andere verlassen, wenn man Unfallbeteiligter sein kann

Wieder einmal bewiesen: Recht ist oft komplizierter, als es scheint. Umso wertvoller sind Experten wie Georg Pothmann, die uns dabei helfen, Fehler zu vermeiden!